In Japan und Spanien entfacht er die Leidenschaft der dort traditionellen Tänze. An heißen Tagen erzeugt er einen erfrischenden Wind, sieht elegant aus und ist somit ein Requisit der weiblichen Koketterie. Der Fächer. Dass er einst die meist poetische Sprache der Welt sprach und geheime Botschaften vermittelte, ist heute weitgehend unbekannt.
Die Geschichte des Fächers lässt sich bis ins alte Ägypten zurückverfolgen. Ein goldener Wedel mit Federn wurde im Grab des Pharaos Tutanchamun (1350 v. Chr.) gefunden. Der Legende nach erfand ein japanischer Kunsthandwerker im 7. Jahrhundert den zusammenklappbaren Fächer – angeregt durch die Flügel einer Fledermaus, die sich in seine Werkstatt verirrt hatte. Im 16. Jahrhundert gelangte der Fächer über den Seeweg vom Orient nach Europa und erlebte hier seine Blütezeit. „Fächermachen“ wurde zum Kunsthandwerk und der Fächer selbst zum Kunstgegenstand, dessen Griff aus Holz, Perlmutt, Elfenbein oder Horn gefertigt wurde. Das Blatt aus Papier, Seide oder Spitze wurde mit Bibelszenen, antiken mythologischen Bildern oder prächtigen Naturmotiven bemalt. So erreichten Fächer, besonders in der Barockzeit, einen sehr hohen Stellenwert als Symbol der Aristokratie und der Erhabenheit.
Durch das modische Frischluftwendeln edler Damen in stickigen Ballsälen entwickelte sich sogar eine faszinierende Fächersprache, die Gefühlserregungen klar und graziös ausdrückte. Die strengen gesellschaftlichen Regeln und Verbote der damaligen höfischen Gesellschaft konnten umgangen werden, indem die Damen durch bestimmte Fächergesten lautlose Botschaften ihren Verehrern vermittelten. So deutete beispielsweise ein geschlossener, zum Herz zeigender Fächer Liebesgeständnis an. Hielt man ihn mit der rechten Hand vor Gesicht, dann hieß das: Folgen Sie mir! Bewegte man den Fächer hin und her, lautete die Botschaft: Wir werden beobachtet. An die Nasenspitze geführt, warnte der Fächer vor Lauschgefahr. Wenn man ihn an die rechte Wange legte, hieß das „ja“ und auf der linken Wange „nein“. Auf die Lippen gelegt, vermittelte der Fächer die Hoffnung auf einen Kuss. Falls die Dame den Fächer öffnete und darüber hinwegsah, wollte sie ihren Ersehnten sagen: Ich erwarte Sie heute Abend. Die Zahl der Fächerfalten, über die ihr Finger fuhr, verriet die Stunde des Randezvous. Heimische Treffen wurden so vereinbart, ohne dass jemand etwas davon erfuhr.
„Lieben, Fürchten, Hoffen, Hassen, Verachten, wie überhaupt jede Gefühlserregung wurde mit dem Fächer klar und graziös ausgedrückt“, schreibt Georg Buß in seiner Monographie „Der Fächer“. Heute ist diese raffinierte Art zu kommunizieren vollkommen in Vergessenheit geraten. Flammende Leidenschaft und geheime Liebesbotschaften werden in der modernen Gesellschaft durch elektronische Medien vermittelt. Und welches Verführungsinstrument uns die Zukunft bringt, wissen wir noch nicht. Wenn man aber die elegante Kunst des Fächermachers und die Lyrik der alten Fächersprache auf sich wirken lassen möchte, könnte dann die Ausstellungen in dem Fächer Museum in Bielefeld besuchen und sie genießen.